Flaschen und Götter
Fernseh-Essay
Flaschen und Götter
Sie weiss nichts von seinem Tod – er weiss nichts von ihrer Geburt. Mexiko und Indien – und der alte Traum vom one-way ticket.
In einem filmischen Essay schliessen sich zwei entgegengesetzte Geschichten zum Kreis von Leben, Tod und Geburt – zu einer Liebesgeschichte.
Bouteilles et Dieux
Elle ne sait rien de la mort de son ex – il ne sait rien de la naissance de son ex. Mexique et Inde – et le vieux rêve du voyage sans retour.
Dans ce film aux allures d’essai, deux histoires opposées se fondent dans le cycle de la vie, de la mort et de la naissance – pour faire une histoire d’amour.
Bottles and Gods
She knows nothing about his dying – he knows nothing about her giving birth. Mexico and India – and the old dream of a one-way ticket.
In this film essay two diametrically opposed stories about the cycle of life, death and birth fuse into one love story.
Botellas y Dioses
Ella no sabe nada de la muerte de su ex-novia – él no sabe sobre el embarazo de su ex-novia. México y India – y el sueño del boleto sin regreso.
En este ensayo filmico, dos historias opuestas se encuentran en el ciclo de la vida. El parto y la muerte se funden para contar una historia de amor.
Buch, Regie, Kamera, Schnitt | Felix Tissi |
Sprecherin | Delia Mayer |
Sprecher | Frank Demenga |
Mitarbeit Indien | Karin Tissi |
Mitarbeit Mexiko | Susanna Kumschick |
Support Off-Line | Pierre Reischer |
Tongestaltung Mexiko | Florian Eidenbenz |
Sound Design | Pedro Haldemann |
Bildbearbeitung | Peter Guyer |
Musik | Manà, Mari Boine, Christine Lauterburg u.a. |
Produzent | Ivo Kummer eine Produktion der Insertfilm AG und Felix Tissi in Koproduktion mit SRG SSR idée Suisse, Paul Riniker, Madeleine Hirsiger |
78 Min., col., Letterbox, stereo, deutsch
Drehformat: MiniDV
Endformat: Digital Beta, Beta SP
Untertitel: Französisch, englisch
Kontakt
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Bildstarke Parabel über die Einheit der Gegensätze
Man könnte von einem taoistischen Filmgedicht sprechen: Felix Tissis Arbeit „Flaschen und Götter“ beschreibt eine Geschichte über Mann und Frau, Geburt und Tod, Licht und Schatten oder eben Ying und Yang, in der die Gegensätzlichkeit der Pole zunehmend verschwimmt. Die ausdrucksstarken Bilder für seine Parabel fand er in Indien und Mexiko, den Aussteigerparadiesen der westlichen Welt. Aussteiger sind auch die beiden unsichtbaren Protagonisten (Sprecher: Delia Mayer und Frank Demenga) der im Off erzählten Geschichte. Nach Mexiko zieht es den namenlos bleibenden Mann, nach Indien seine Freundin Judith. Die beiden haben sich getrennt. Sie sind auf der Flucht vor ihrer gemeinsamen Vergangenheit, gefangen in der Erwartung einer klar umrissenen und doch ungewissen Zukunft. Der Mann ist todkrank und weiss, dass er bald sterben wird. Aber es soll kein elendes Dahinsiechen werden, sondern ein bewusstes Erlebnis „in gutem Licht“.
In reziprokem Sinne ähnliche Klischees begleiten auch Judith auf ihrer Reise. Sie, die nicht ahnt, wie es um ihren Freund bestellt ist, hat ihm verschwiegen, dass sie schwanger ist. Fern von den Blicken der Bekannten, vor allem aber weit weg von einer möglichen Versöhnung mit ihm, will sie ihr Kind zur Welt bringen. So rein und stark wie die Jungfrau Maria. Den verlassenen Geliebten, den sie zu Hause wähnt, liess sie im Glauben, sie fahre nach Dänemark.
Einen Essay nennt Felix Tissi seinen Film, den er weitgehend im Alleingang hergestellt hat. (Er zeichnet für Regie, Kamera, Schnitt und Text.) Mit einer kleinen Videokamera reiste er durch die beiden Länder, um auf möglichst unaufdringliche Art seine Bilder einzufangen, die er später am Schneidetisch mit den parallel entstandenen Texten zur Geschichte komponierte. Die mexikanischen Szenen sind tatsächlich durchweht von jener Hemingwayschen Verstocktheit, die dem Betrunkenen eigentümliche Würde verleiht und im deutlichen Gegensatz steht zu den Bildern voller Wärme vom indischen Subkontinent.
Die dokumentarisch stilisierte und doch immer fiktive Geschichte wird mit suggestiven Bildern und Tönen zu einem rhythmischen Filmgedicht verwoben. Die häufig verwischten und durch Einzelaufnahmen oder Zeitlupe verlangsamten An- und Einsichten sind streckenweise reinste Lyrik. Es entsteht ein Sog, der das Geschehen auf fesselnde Weise seinem – überraschenden – Ende zutreibt.
„Flaschen und Götter“ enthält streckenweise Material aus Tissis 1999 entstandenem preisgekröntem Film „Viva la muerte – es lebe der Tod“, der ausschliesslich einen männlichen Standpunkt reflektiert. Durch die Ergänzung mit einem weiblichen Part gelingt dem Autor nicht nur eine Erweiterung seines Themas, sondern tatsächlich eine völlig neue Vision: Nicht der einsame Steppenwolf steht jetzt im Zentrum der Überlegungen, sondern Gemeinsamkeit und letztlich die Liebe. Nina Scheu, Neue Zürcher Zeitung
Der Nachspann von „Matrix Reloaded“ nennt 1947 Mitarbeiter, aber es geht auch anders: In Cannes lief ein Film von Vincent Gallo, produziert, geschrieben, realisiert und montiert von Vincent Gallo. Und am Fernsehen gibt’s morgen einen Film von Felix Tissi. Den hat der Berner Regisseur praktisch im Alleingang gemacht. Fast ein Jahr lang ist er durch Mexiko und Indien gereist, ausgerüstet mit einer im Handel erhältlichen kleinen Digitalkamera. Und fast ein Jahr lang hat er die mitgebrachten Bilder zu einem Essay verdichtet. „Flaschen und Götter“ erzählt, ganz ohne Schauspieler, die Geschichte eines Mannes, der zum Sterben nach Mexiko fährt. Und die Geschichte einer Frau, die zum Gebären nach Indien reist. Zuerst laufen die Erzählstränge parallel, doch dann wird die Sache spannend, durchmischt sich – und am Ende ist die Frau in Mexiko und der Mann in Dänemark. Die wichtigste Reise aber hat man als Zuschauer gemacht, im Kopf, entführt von einer mitreissenden Bild- und Wortkomposition. Matthias Lerf, SonntagsZeitung